Annemarie Huste, eine gelernte Schuhverkäuferin aus Schwaben, ist in ihrer Wahlheimat USA wahrscheinlich auch deshalb populär, weil sie den berühmten amerikanischen Traum verkörpert, der da heißt „vom Tellerwäscher zum Millionär”. In ihrem Fall: von der Haushaltshilfe zur reichen Promiköchin. Dass sie in den Sechzigern mal zwei Jahre lang für die verwitwete Jackie Kennedy gekocht hat, machte sie schlagartig bekannt, und dieser Job und ihr medienwirksam vermarkteter Rausschmiss verschafften ihr letztlich so viel PR, dass lukrative Fernsehauftritte und Buchverträge dabei raus sprangen. Heute besitzt Huste ein Privatrestaurant in Manhattan.
Geboren wurde Annemarie Huste 1943 in Ulm, wo ihre Mutter ein Pelzgeschäft hatte. Auf deren Wunsch lernte sie nach der Volksschule erstmal was Anständiges, ehe sie mit 18 oder 19 in die USA auswanderte, um dem schwäbischen „schaffe schaffe Häusle baue” zu entgehen und irgendwie groß rauszukommen. Am liebsten als Köchin, denn kochen war ihr Hobby. Sie fing als Au-pair an, dann folgte ein Job als Haushaltshilfe bei einem griechischen Reeder. Den schmiss sie nach einem halben Jahr hin, denn die Familie wollte als Dessert ständig geschälte Weintrauben – für zwölf Personen natürlich eine unendliche Friemelei. Annemarie war genervt, außerdem strebte sie nach Höherem.
Sie kochte für Jackie Kennedy
Die Chance kam 1965, als der Millionär Billy Rose, eine Größe hinter den Kulissen des US-Showgeschäfts, eine Köchin suchte. Er nahm sie, obwohl sie keinerlei Referenzen und keine Ausbildung hatte. Ihr größter Pluspunkt war neben ihrem hübschen Gesicht ihr Talent, sich alles zuzutrauen – und bei Bedarf ein bisschen zu schwindeln. Rose fragte sie, ob sie Chocolate à la Normandie zubereiten könne, was sie bejahte – obwohl sie keine Ahnung hatte. Sie bekam den Job und rannte direkt los in die Buchhandlung, um ein Kochbuch mit diesem Rezept zu finden … Angeblich war ihr neuer Chef sehr zufrieden mit ihr, aber acht Monate später war er tot.
Doch es kam noch besser: 1966 wurde Annemarie Huste von der verwitweten Jacqueline Kennedy eingestellt. Ein Traumjob, hier gingen prominente Gäste ein und aus. Aber die Ulmerin wollte offenbar mehr. Im April 1968 veröffentlichte die New York Post ein Interview, in dem sie von einer geplanten Fernsehsendung sprach, einem Kochbuch und einem eigenen Gourmetclub in Manhattan. Mrs. Kennedy fackelte nicht lange – die 25-Jährige war gefeuert. Die ehemalige First Lady befürchtete Indiskretionen und warf Huste vor, den Namen Kennedy zu benutzen, um Karriere zu machen. Und obwohl die Köchin später beteuerte, das Interview sei frei erfunden, tat sie seltsamerweise all das, was darin angekündigt war … Und ihren Job bei Jackie erwähnt sie noch heute sehr gern.
Kochbücher, Kochshows und ein eigenes Restaurant
Zwar war Annemarie Huste über die fristlose Kündigung todunglücklich, wie sie beteuerte, aber dann „ging sie zum Friseur, zog einen Minirock an und empfing die Presse”, wie ein US-Magazin damals süffisant schrieb. Mehrere Verlage rissen sich um das noch gar nicht angefangene Kochbuch, das als Annemaries internationale Kochrezepte auch auf Deutsch erschien und keinerlei Details über die Küche der Kennedys enthält – die Familie hat sehr gute Anwälte.
Sie trat in Talkshows auf, schrieb für Feinschmecker-Magazine, moderierte mit schwäbischem Akzent Kochsendungen im Fernsehen, machte Werbung für Sauerkraut und eröffnete schließlich 1979 Annemarie’s Dining Room in Manhattan. Den gibt es heute immer noch. Zutritt haben nur ausgewählte Gäste, ein erlesener Kreis Prominenter und Gutbetuchter, auch wenn Huste das anders formuliert: Sie wolle nur für Leute kochen, sie sie kenne. Ganz im Gegensatz zu früher verweigert sie heute Interviews und auch die Aufnahme in Restaurant-Führer. Und sagt Dinge wie: „Ich arbeite hart daran, nicht berühmt zu werden.” Verstehe einer die Menschen.
Video: Hengstenberg-Werbung (1969)
"Annemarie Huste: Vom Au-pair zur Promiköchin" was originally posted by Petra Foede on Kaffeeklatsch. All rights are reserved by the author.